Beschlüsse der Generalversammlung 2025 der IG Autorinnen Autoren
Das gesellschaftliche Klima ist weltweit aufgeheizt. Autoritäre Denkmodelle finden mehr und mehr Zuspruch. Nationalismus und Krieg als Mittel der Politik sind wieder salonfähig geworden. Ökonomische Interessen werden rücksichtslos und destruktiv durchgesetzt, Notlagen ignoriert. Internationale Zusammenarbeit wird zunehmend schlechtgeredet, oft sogar boykottiert. Die Feinde der Demokratie geben sich als ihre Hüter aus, attackieren die Gewaltentrennung, unabhängige Medien und die Freiheit der Kunst. Fakten werden ignoriert, geleugnet, die Vielfalt wird dämonisiert. Egoismus dominiert. Jede und jeder soll sich selbst die und der Nächste sein.
Die Generalversammlung 2025 der IG Autorinnen Autoren hat auf Basis dieses Befundes im Geiste solidarischen Zusammenwirkens die folgenden Beschlüsse gefasst:
1. Rechtsbeziehungen zwischen Künstlerinnen, Künstlern und der öffentlichen Verwaltung und öffentlichen Hand
2. Solidarisch mit der Tagespresse
3. Entzug der Kulturförderung für den ausreißer – Die Grazer Wandzeitung
4. Aufsichtsratsbesetzungen im Kunst- und Kulturbereich in der Steiermark
5. Unterstützung des inhabergeführten stationären österreichischen Buchhandels
6. Unterstützung für den Österreichischen Buchklub der Jugend
7. Entlassung von René Schimanek
8. Informationsfreiheitsgesetz, Auswirkungen auf den Kunst- und Kulturbereich
9. Geschichtsfälschung am „Heldendenkmal“ der Stadt Salzburg
10. Residenz- bzw. Schreibatelier-Sterben in der österreichischen Förderlandschaft
11. Eingriffe in belletristische Texte von Verlagsseite
12. Situation der freien Mitarbeiter/innen in Printmedien
13. Der neu gewählte und bestellte Vorstand der IG Autorinnen Autoren
Rechtsbeziehungen zwischen Künstlerinnen, Künstlern und der öffentlichen Verwaltung und öffentlichen Hand
Die IG Autorinnen Autoren erinnert anlässlich der Regierungsverhandlungen an ihre Hauptforderung der notwendigen Verbesserung der Rechtsbeziehungen zwischen Künstlerinnen und Künstlern und der öffentlichen Verwaltung und öffentlichen Hand.
Dazu gehören:
1. Die Verankerung eines Staatsziels Kunst und Kultur in der Verfassung.
2. Die unmittelbare ministerielle Vertretung der Kunst und Kultur in der Regierung.
3. Die Neuausrichtung der Kunst- und Kulturförderungsgesetze als Kunst- und Kulturfinanzierungsgesetze.
Solidarisch mit der Tagespresse
Die IG Autorinnen Autoren erklärt sich solidarisch mit der Tagespresse. Nach vorhergehenden Freisprüchen der Tagespresse hat die FPÖ ihre Klage vor dem OGH in Sachen „Wirtshausprämie“ nunmehr durchgesetzt. Ziel der FPÖ war durch alle Instanzen, das Recht auf Satire, Kunst und Meinungsfreiheit durch juristische Schritte einzuschränken und unliebsame Akteure mundtot zu machen.
Ähnlich gelagerte Anzeigen und Klagen gegen Künstler/innen und Medien sind inzwischen in rechtsregierten Ländern üblich. Wir könnten alle in die Situation der Tagespresse und unserer Kolleg/inn/en in den Nachbarländern kommen, mit all den ruinösen finanziellen Folgen, die solche Klagen mit sich bringen.
Die IG Autorinnen Autoren erkennt in solchen Anzeigen und Klagen – wie der gegen die Tagespresse – nichts anderes als mit viel öffentlichen Geldern aus der Parteienfinanzierung gerichtlich durchgesetzte Zensur.
Sie wird und muss alles dazu tun, dass die Freiheit der Kunst nicht unter die Räder der parteipolitischen Interessen gerät und Kunst- und Kulturschaffende ihre parteipolitisch unabhängige Rolle wahren können.
Entzug der Kulturförderung für den ausreißer – Die Grazer Wandzeitung
Dem ausreißer – Die Grazer Wandzeitung wurden nach 20 Jahren kontinuierlicher Förderung unter der neuen blau-schwarzen steirischen Landesregierung im Jahr 2025 erstmals die Kulturförderungsmittel gänzlich gestrichen.
Die anderen bisher bekannt gewordenen Kürzungen im Kunst- und Kulturbereich in der Steiermark betragen zwischen 14 und 57 Prozent, in einigen wenigen Fällen wurden auch keine Kürzungen vorgenommen.
Die – wohl politisch motivierte – komplette Einstellung der Förderung für den ausreißer ist existenzgefährdend und stellt darüber hinaus in ihrer Einseitigkeit einen Angriff auf die Presse- und Kunstfreiheit dar.
Damit der ausreißer werbefrei, ohne Paywalls, frei zugänglich für alle publiziert werden kann, basiert der überwiegende Teil seiner Finanzierung auf öffentlicher Kulturförderung. Diese wird auf kommunaler, regionaler und Bundesebene nach strengen Auswahlkriterien und mit strengen Kontrollen vergeben. Seit 20 Jahren gibt es den ausreißer und genauso lang erfüllte er diese Kriterien, sodass seine Ausgaben ungeachtet wechselnder politischer Machtverhältnisse erscheinen und er seine Aktivitäten sukzessive ausweiten konnte.
Zum ersten Mal wird ihm jetzt die Förderung verweigert. Die Begründung dafür lautet: Sein „Erscheinungsbild“ sei nicht mehr „zeitgemäß“. Für genau dieses „Erscheinungsbild“ wurde allerdings der ausreißer 2021 mit dem Alexander-Sacher-Masoch-Preis ausgezeichnet.
Der ausreißer wird auf drei Wegen verbreitet, als Wandzeitung, als Printmedium und als Online-Medium. Er veröffentlicht ihm von seinen Autorinnen und Autoren kostenlos zur Verfügung gestellte Originalbeiträge. Er ist der Kunst, Kultur und dem Qualitätsjournalismus verpflichtet. Er publiziert auf seiner Webseite und auf seinem Blog tatsachen.at vertiefende Reportagen, Interviews und literarische Texte zu aktuellen lokalen wie internationalen Entwicklungen. Er setzt sich für eine offene Gesellschaft ein und gegen Fake-News und Hetze, ebenso im kommunalen und regionalen wie im digitalen Raum.
Angesichts der anstehenden Reduktion der Budgetmittel für Kultur der Stadt Graz und der vergleichbaren Lage auf Bundesebene (was zum Teil auch Kooperationspartner/innen und damit in der Folge wiederum den ausreißer betrifft) muss sich der ausreißer auf einen Verlust von voraussichtlich fast der Hälfte seines Jahresbudgets einstellen und ist vor die Frage gestellt, ob und wie er das überlebt.
Die IG Autorinnen Autoren fordert die Landesregierung der Steiermark dazu auf, ihre nicht haltbare Begründung für den Förderungsentzug zurückzunehmen und statt ihrer ganz offensichtlich gesteuerten Kürzungspolitik zu einer objektiv nachvollziehbaren Förderpolitik bei den von ihr gekürzten Kulturförderungsmitteln zu kommen. Eine auf einer nicht zutreffenden Allerweltsbegründung beruhende 100prozentige Kürzung stellt ganz sicher keine objektiv nachvollziehbare Förderungspolitik dar. Wir fordern die Steirische Landesregierung zur Zurücknahme ihres 100prozentigen Förderungsentzugs für den ausreißer auf.
Aufsichtsratsbesetzungen im Kunst- und Kulturbereich in der Steiermark
In langen Oppositionsjahren hat die FPÖ Steiermark parteipolitische Besetzungen stets als Mauschelei kritisiert und stattdessen objektivierte Verfahren gefordert.
Im Kulturbereich sollen nun die vom Land kommenden Aufsichtsräte der Bühnen Graz, des Universalmuseums Joanneum (UMJ) und vom Steirischen Herbst neu beschickt werden.
Die IG Autorinnen Autoren fordert die FPÖ Steiermark dazu auf, ihre in der Opposition erhobenen Forderungen einzulösen, sie fordert eine öffentliche Ausschreibung der Aufsichtsratsposten sowie Aufsichtsratsleiter/innen/posten und zumindest ein öffentliches Hearing der dafür vorgesehenen Personen mit Vertreter/inne/n der Kunst- und Kulturszene.
Unterstützung des inhabergeführten stationären österreichischen Buchhandels
Die Vielfalt der Literatur ist nicht ohne einen vielfältigen Literaturbetrieb möglich, und dieser wiederum nicht ohne einen aktiven und engagierten Buchhandel. Der inhabergeführte stationäre Buchhandel durchlebt eine schwere Krise. Wenn wir als Autorinnen und Autoren dieser Entwicklung tatenlos zusehen, schaden wir uns selbst, schaden wir der literarischen Vielfalt, schaden wir der literarischen Zukunft des Landes.
Wir weisen darauf hin, dass der inhabergeführte stationäre Buchhandel unverzichtbar ist. Er fördert persönliche Begegnungen und die persönliche Beratung anstatt von Algorithmen erstellte Vorschläge, wie bei großen Konzernen und Ketten üblich. Zudem bieten Buchhändler/innen fundierte Informationen zur Lieferbarkeit von Büchern und nicht nur zu Lagerbeständen.
Wir unterstützen daher alle Initiativen zur Stärkung des Buchhandels, insbesondere die Neugründung IG Buchmenschen und fordern neuerlich die Gleichstellung des Mehrwertsteuersatzes mit dem Mehrwertsteuersatz in Deutschland auf 7 Prozent.
Unterstützung für den Österreichischen Buchklub der Jugend
Die IG Autorinnen Autoren bekräftigt ihre Solidarität mit dem Österreichischen Buchklub der Jugend, sie fordert das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung dazu auf, die Basisfinanzierung dieser Institution zu sichern. Sie appelliert insbesondere an jede der drei Parteien, die gerade im Begriff sind, eine neue Bundesregierung zu bilden, ein klares Bekenntnis zur Leseförderung in ihr Regierungsprogramm aufzunehmen.
Entlassung von René Schimanek
Im November 2024 fand im Rahmen der Ermittlungen in Deutschland gegen die „Sächsischen Separatisten“ (sie nennen sich „SS“) auch eine Razzia in Österreich in einem sich in Langenlois befindenden Anwesen statt. Es handelt sich um ein Objekt, das die niederösterreichische Gemeinde seit den 1970er Jahren an die Familie Schimanek vermietet. Dabei stießen die Einsatzkräfte auf etwa dreißig Kilogramm Munition, diverse Ausrüstungsgegenstände und NS-Devotionalien. In dem Gebäude wollten sich die „Sächsischen Separatisten“ nach dem „Tag X“ verschanzen. Zu diesem Zeitpunkt hatte René Schimanek, blauer Stadtrat in Langenlois sowie Büroleiter des derzeitigen Ersten Nationalratspräsidenten Walter Rosenkranz, dort seinen offiziellen Hauptwohnsitz. Erst einige Wochen nach der Durchsuchung des Anwesens erfolgte seine Abmeldung.
Nationalratspräsident Rosenkranz schließt eine Entlassung Schimaneks aus und beruft sich dabei auf dessen Aussage, die lautet, dass er dort nicht wohne und weder mit dem Waffenlager noch mit der Miliz irgendetwas zu tun oder davon gewusst habe. Laut Rosenkranz handle es sich daher „maximal“ um ein „Meldevergehen“ und gelte die Unschuldsvermutung. Tatsache ist jedoch, dass der Hauptmieter einer Liegenschaft Verantwortung dafür trägt, was sich in seinem Mietobjekt befindet.
Als Mitgründer der „Sächsischen Separatisten“ beschuldigt sind die Neffen des Büroleiters, Jörg und Jörn, die Söhne seines Bruders Hans Jörg Schimanek Junior, seinerseits ein seit 1987 mit Gottfried Küssel in engem Kontakt stehender, 1995 wegen Wiederbetätigung verurteilter Neonazi und Organisator von Wehrsportübungstreffen.
Schon Norbert Hofer nahm – auf ein altes Foto angesprochen, das René Schimanek im Jahr 1987 an der Seite Küssels und seines Bruders Hans Jörg jun. in Stiefeln und mit Schlagstock bei einer Neonazi-Demonstration zeigt – seinen damaligen Büroleiter in Schutz. Dessen seinerzeitige Begründung dem Falter gegenüber war: „Ich war nie bei der VAPO. Ich habe damals bei einem Treffen meinen Bruder gegen die linken Chaoten verteidigt. Es wird doch noch zulässig sein, dass wir uns wehren.“ (vgl. Falter 06/2000)
Wir fordern die unverzügliche Entlassung von René Schimanek.
Informationsfreiheitsgesetz, Auswirkungen auf den Kunst- und Kulturbereich
Im September 2025 tritt das Informationsfreiheitsgesetz bzw. die Abschaffung des Amtsgeheimnisses in Kraft. Das Gesetz baut auf zwei Säulen auf:
1. der proaktiven Veröffentlichungspflicht von Informationen von allgemeinem Interesse und
2. dem Grundrecht auf Zugang zu Information bzw. Information auf Antrag.
Was das im Bereich der Kunst- und Kulturförderungen bedeutet, ist der IG Autorinnen Autoren unbekannt. Die IG Autorinnen Autoren ist höchst interessiert an den Auswirkungen des Informationsfreiheitsgesetzes auf den Kunst- und Kulturbereich und jederzeit bereit, sich mit der öffentlichen Hand darüber auszutauschen.
Geschichtsfälschung am „Heldendenkmal“ der Stadt Salzburg
Auf dem Salzburger Kommunalfriedhof gibt es 2025 immer noch das riesenhafte, 1929 errichtete „Heldendenkmal“ bzw. „Ehrenmal“. Nach 1945 hat die Stadt es in Teilen umgestaltet, um auch der Gefallenen von 1939 bis 1945 zu gedenken. Verstörend ist dabei vor allem, dass keinerlei Rücksicht auf jene weiter erhaltenen Teile des „Ehrenmals“ genommen wurde, die nun suggerieren, auch die Wehrmachts- und SS-Einheiten des NS-Regimes seien unter jene einzureihen, die die zentrale Widmung nennt: „Allen, die für ihre Heimat starben“. Noch deutlicher wird die unerträgliche Geschichtsfälschung, wenn man das auf großen Bronzeplatten wiedergegebene mehrstrophige Gedicht des kriegsbegeisterten Kanonikus Anton Pichler in Rechnung stellt, der auch für die Salzburger Landeshymne verantwortlich ist. Es endet mit den Zeilen: „Ist jeder ein Stück nur / diesen Helden gleich, / dann bau’n wir / ein glückliches Oesterreich!“
Gerade in diesen Zeiten einer bedrohlichen Konjunktur des Rechtsextremismus ist es nötig, klare Zeichen zu setzen. Die Generalversammlung der IG Autorinnen Autoren unterstützt daher die seit 1983 (!) unternommenen Bemühungen, diesem Skandal ein Ende zu bereiten, und ersucht die neue Stadtregierung, ihre signalisierte Bereitschaft, zumindest eine den gewaltigen Dimensionen des „Heldendenkmals“ adäquate Ergänzungstafel mit unmissverständlicher Textierung zu beauftragen und so schnell wie möglich in die Tat umzusetzen.
Residenz- bzw. Schreibatelier-Sterben in der österreichischen Förderlandschaft
Residenzen bzw. Schreibateliers, die in den letzten Jahren aufgelassen wurden (Rom, Paliano, Stary Smokovec, Prag) und nicht oder nur teilweise nachbesetzt wurden, erschweren das künstlerische Arbeiten von Schriftsteller/inne/n enorm. Die Möglichkeit, außerhalb von alltäglichen Strukturen konzentriert in fremder Umgebung arbeiten zu können, ist für viele Schriftsteller/innen von großer Bedeutung.
Fremde Orte schaffen neue Zugänge, vor allem der Aufenthalt an Orten mit nichtvertrauten Sprachen ist ein großer Gewinn für jedes poetische Arbeiten.
Einen großen Verlust stellen Residenzen dar, wie Rom oder Paliano es waren, die mehrere Kunstschaffende an einem Ort versammelt haben und dazu einladen, mit anderen Kunstschaffenden in Beziehung zu treten. Künstlerischer Austausch, Kooperationen und Freundschaften konnten hier entstehen, die im alltäglichen schriftstellerischen Dasein nicht zustande gekommen wären.
Nicht zu vernachlässigen sind dabei auch die Lesungen und Verbindungen mit an Ort und Stelle ansässigen Institutionen und Personen aus universitären und künstlerischen Bereichen und den Österreichbibliotheken, Germanistikinstituten oder Kulturinstitutionen mit Österreichbezug.
Im Gegensatz zu Bildenden Künstler/inne/n und Fotograf/inn/en bestehen für Schriftsteller/innen in Österreich nur sehr wenige öffentlich finanzierte Residenzen. Häufig schließen diesbezügliche Einrichtungen wie in Kärnten bzw. Klagenfurt für Künstler/innen-Aufenthalte in Paris und Šmartno Autor/inn/en aus. Und wenn einmal nicht, unterscheiden sie sich in der Begrenzung der Aufenthaltsdauer, die bei Schriftsteller/inne/n bei einem Monat liegt und bei anderen bis zu 3 Monate betragen kann. Natürlich gibt es auch internationale Residenzen, doch die Zahl der Bewerbungen ist bei diesen um einiges höher im Vergleich zu Residenzen, die nur von Österreich für in Österreich lebende Schriftsteller/innen angeboten werden. Ein weiteres Hindernis ist, dass diese Residenzen an Übersetzungen in die jeweilige Landessprache gebunden sind oder zumindest an Übersetzungen ins Englische.
Die Generalversammlung der IG Autorinnen Autoren fordert daher:
1. Mehr öffentlich finanzierte Residenzen für Schriftsteller/innen in Österreich in anderen Ländern mit der Möglichkeit längerer Aufenthalte.
2. Individuell regelbare Aufenthaltsdauerzeiten und analog zu den anderen Kunstsparten die Möglichkeit zu längeren Aufenthalten für Autor/inn/en.
3. Besondere Berücksichtigung der Situation von Schriftsteller/inne/n mit Kindern oder Care-Verpflichtungen.
Eingriffe in belletristische Texte von Verlagsseite
Bei seiner Klausur 2024 in Krems hat der Vorstand der IG Autorinnen Autoren Beschwerden der Kollegenschaft zum Anlass genommen, den Rat für deutsche Rechtschreibung (RdR) zu ersuchen, öffentlich Stellung zu den immer häufiger werdenden orthographischen Eingriffen in belletristische Texte von Verlagsseite zu nehmen. Der von der IG Autorinnen Autoren vorgeschlagene Text wurde in Abstimmung zwischen dem Vorsitzenden des RdR Josef Lange und dem Vertreter der IG Autorinnen Autoren im Rat Ludwig Laher vom Sekretariat des RdR leicht adaptiert und wird dem Rat in seiner nächsten Sitzung im März 2025 zur Beschlussfassung vorgelegt werden.
Er lautet folgendermaßen:
„Der Rat für deutsche Rechtschreibung weist darauf hin, dass das von ihm erarbeitete Amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung mit Amtlichem Wörterverzeichnis auf übereinstimmenden Beschluss der staatlichen Stellen der deutschsprachigen Länder – Autonome Provinz Bozen-Südtirol, Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens, Bundesrepublik Deutschland, Fürstentum Liechtenstein, Republik Österreich, Schweizerische Eidgenossenschaft – verbindlich für Schulen und öffentliche Verwaltung gilt. Es ist für persönliche Schriftstücke wie für belletristische Publikationen nicht bindend.
Seit jeher haben Schriftstellerinnen und Schriftsteller auch orthografisch persönliche Akzente gesetzt. Manche von ihnen begründeten und begründen ihre stringente eigenwillige Rechtschreibung sogar in Poetikvorlesungen oder anderen Veröffentlichungen. Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat sich, was die Belletristik anlangt, stets für Respekt vor jenen Abweichungen von der Rechtschreibnorm ausgesprochen, die Urheberinnen und Urheber mit voller Absicht ins Werk setzen und die Teil ihrer ästhetischen Konzeption sind. Dies ist auch durch die Kunst- und Wissenschaftsfreiheit begründet. Insofern ist nachvollziehbar, dass Autorinnen und Autoren es als besonders befremdlich empfinden, wenn sich Verlagslektorate gegen Variantenschreibungen positionieren, die im Amtlichen Regelwerk als solche genannt sind, aber nicht ausdrücklich vom Duden empfohlen werden.“
Die Generalversammlung der IG Autorinnen Autoren begrüßt und unterstützt diese Initiative des RdR, die hilft, ihre an die Verlage gerichteten Forderungen im Umgang mit ihren Texten auf eine möglichst breite Basis zu stellen.
Situation der freien Mitarbeiter/innen in Printmedien
Die Zeilenhonorare für freie Mitarbeiter/innen von Printmedien (Tages-, Wochenzeitungen, Magazine) wurden zuletzt im Jahr 2022, nach Verhandlungen zwischen dem Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) und der Gewerkschaft (GPA) von 43 auf 45 Euro à 1000 Zeichen angehoben. Von einer angemessenen Honorierung ist dieser Wert nach wie vor weit entfernt; das Honorar, das freie Mitarbeiter/innen für ihre Textbeiträge bekommen, steht in keinem vernünftigen Verhältnis zum Zeit- und Arbeitsaufwand. Dazu kommt, dass freie Mitarbeiter/innen keinerlei Möglichkeit haben, darauf Einfluss zu nehmen, ob ihre Beiträge geändert werden oder nicht, mit anderen Titeln versehen werden oder nicht, und vor allem: ob und wie lange sie online auf den Webseiten der jeweiligen Medien verfügbar sind.
Der 2014 von freien Journalist/inn/en gegründete Verein „Freischreiber:innen“ hat diesen Zustand bereits wiederholt öffentlich kritisiert und zwei grundlegende Forderungen gestellt:
1. eine Honorierung der Beiträge nicht mehr nach Text- bzw. Beitragslänge, sondern nach tatsächlichem Aufwand;
2. klare und transparente Regelungen zur Zweitverwertung und langfristigen Nutzung von Beiträgen durch die Medienhäuser.
Die IG Autorinnen Autoren schließt sich diesen Forderungen an und fordert den VÖZ und die GPA auf, unverzüglich Verhandlungen zur Verbesserung der Honorierung der Arbeit von freien Mitarbeiter/inne/n in Printmedien aufzunehmen.
Der neu gewählte und bestellte Vorstand der IG Autorinnen Autoren
IG Autorinnen Autoren
Die Generalversammlung
Wien, 23.2.2025