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Arbeitslosigkeit und Literatur

Stellungnahme und Aufforderung der IG Autorinnen Autoren, die vorgesehene Neuregelung des Arbeitslosengeldes wieder außer Kraft zu setzen

Ab dem 1.1.2026 gelten für Arbeitslosigkeit neue Regeln. Bezieht jemand Geld aus der Arbeitslosenversicherung und während dieser Zeit ein Veranstaltungs- oder Veröffentlichungshonorar, führt das zum Verlust des Arbeitslosengeldes. Es ist nicht mehr möglich, irgendeine geringfügige Einnahme aus einer anderen Quelle zu beziehen.

Der Hintergrund

Der überwiegende Teil der österreichischen Autor/inn/en finanziert sich seine literarische Tätigkeit durch andere Tätigkeiten selbst. Zentrale Ausgangsvoraussetzungen und Probleme, die bei Autor/inn/en durch diese Neuregelung entstehen, sind:

1. Es dauert Jahre bis ein künstlerisches Werk von seiner Erarbeitung bis zu seiner Fertigstellung eine Verwertung erfährt. Wird ein Manuskript von einem Verlag angenommen, erfolgt seine Veröffentlichung üblicherweise nach 2 bis 3 Jahren. 
2. In vielen Fällen bleibt es beim Aufwand für ein Werk und kommt es entweder zu keiner oder erst zu einer sehr viel späteren ökonomisch erfolgreichen Verwertung.
3. Die Zeitpunkte der Erbringung einer Leistung und ihrer Bezahlung liegen in den meisten Fällen viele Monate auseinander. Im Regelfall kommt es bei Verlagsveröffentlichungen nach einem Jahr zur ersten Abrechnung von Buchverkäufen einer Neuerscheinung.
4. Die Abrechnungshöhen in weiteren Verkaufsjahren und Abrechnungen durch Verwertungsgesellschaften können bei 0 liegen oder bei einstelligen Euro-Beträgen, welche in manchen Fällen schon, in anderen nicht ausbezahlt werden.
5. Der Autor/die Autorin hat keinen Einfluss auf den Zeitpunkt/die Zeitpunkte der Abrechnung.
6. Bei Veröffentlichungen auf Selfpublisher-Plattformen gibt es für Autor/inn/en ebensowenig Möglichkeiten, auf Abrechnungszeiträume und ob und wann es zu Erträgen kommt, Einfluss zu nehmen.
7. Auf das Schreiben für den Film, Hörfunk, das Fernsehen und Theater treffen all diese Umstände in ähnlichen Formen genauso zu.

Die Situation in naher Zukunft

Kommt es zum Zusammentreffen eines Arbeitslosengeldbezugs und geringfügiger Verkaufs- und Tantiemen-Abrechnungen, die man nicht mit aufschiebender Wirkung beziehen kann, erlischt das Arbeitslosengeld und bleibt man als Autor/Autorin auf einem Einkommen sitzen, mit dem man nicht einmal einen einzigen Tag überleben kann. Kommt es nur zu einer auch noch so schlecht bezahlten Lesung aus einem bereits erschienenen Werk, ist man als Autor/Autorin gezwungen, auf das Honorar zu verzichten, um das Arbeitslosengeld zu behalten. Auf die Lesung zu verzichten ist nicht möglich, weil sie zur Vorstellung und Bekanntmachung des Buches dient. Es ist für die meisten Autor/inn/en auch nicht möglich, allein vom Arbeitslosengeld „zu leben“, es war bis jetzt aber möglich mit Zuverdiensten und Reserven einigermaßen über die Runden bis zu nächsten besseren Aussichten zu kommen.

Viele Autor/inn/en mussten sich durch die Krise auf dem Mediensektor in den letzten Jahren neu orientieren, sie sind von fixen redaktionellen Mitarbeiter/inne/n zu freien für verschiedene Medien und andere Auftraggeber arbeitenden Autor/inn/en geworden, gehen Tätigkeiten in der Kommunikations- und Werbebranche nach, moderieren, beraten, haben Mindestanstellungen und verfassen als selbständige Autor/inn/en literarische Werke. Sie kommen nun von einer Zwangslage in die andere. 

Die Aussichten am Arbeitsmarkt

Rund 300 redaktionelle Mitarbeiter/innen wurden in der jüngsten Vergangenheit gekündigt, die Sparnotwendigkeiten und Rationalisierungsmaßnahmen der Medien werden für höchstwahrscheinlich noch viel mehr solcher Kündigungen sorgen, für sie alle gibt es keine Arbeitsplätze in ihren bisherigen Berufen mehr. Sie schnell wieder in den Arbeitsmarkt zurückbringen zu wollen, ist ein hilfloses bis hoffnungsloses Unterfangen. Das gilt auch für Umschulungen von in ihren Berufen hochqualifizierten Personen, die für andere Berufe weder die Qualifikationen mitbringen noch entsprechende Berufserfahrungen. Es sollte also klar sein, dass diejenigen, die sich Arbeitsplätze in ihren Arbeitsbereichen selbst neu schaffen, dabei unterstützt und nicht behindert werden sollten.

Bilanz und Forderung der IG Autorinnen Autoren

Die IG Autorinnen Autoren hat in einer Blitzumfrage Beispiele gesammelt, die auf Autor/inn/en zutreffen. Sie finden sich inklusive Bewertung der Neuregelung des Arbeitslosengeldbezugs ab 1.1.2026 anonymisiert im Anhang.

Wir fordern die österreichische Bundesregierung dazu auf, die ab dem 1.1.2026 vorgesehene Neuregelung wieder außer Kraft zu setzen und in Hinblick auf eine realistische Einschätzung des Arbeitsmarktes gründlich zu überarbeiten und dabei die besondere Situation der Kunst- und Kulturschaffenden in einer ihrer Arbeitssituation entsprechenden Art und Weise zu berücksichtigen.

IG Autorinnen Autoren
Wien, 19.11.2025

Neue Arbeitslosengeldregelung: Gesammelte Beispiele